
Nein, Erdgas ist keine Brückentechnologie für den Klimaschutz
Immer wieder höre und lese ich, dass sich Politikerinnen und Politiker für den Ausbau der Erdgas-Infrastruktur stark machen – mit der Begründung, dass wir Erdgas als wichtige Brückentechnologie für den Klimaschutz bräuchten. An der Nordsee und in der Ostsee sollen sogar gleich zwei Einfallstore für Erdgas entstehen: In Niedersachsen und Schleswig-Holstein insgesamt 3 Terminals für Tanker mit Flüssiggas aus den USA. Und in der Ostsee, mit Endpunkt in Mecklenburg-Vorpommern, die Gaspipeline Nord Stream 2 für Erdgas aus Russland. Und was dann immer erzählt wird, klingt ja auch zunächst einleuchtend: So wird gesagt, dass die Verbrennung von Erdgas viel weniger Kohlendioxid verursachen würde als die Verbrennung von Kohle und wir somit eine Möglichkeit hätten, schnell CO2 einzusparen. Aber – ist Erdgas wirklich klimafreundlicher als Kohle? Und – brauchen wir tatsächlich das Erdgas aus den USA und Russland – oder gibt es vielleicht einen anderen Grund, warum Flüssiggas-Terminals und Nord Stream 2 gebaut werden sollen? Was sagen die Scientists for Future Deutschland in ihrer aktuellen Studie zum Erdgas? Und was benötigen wir jetzt wirklich, um schnellstmöglich unseren gesamten Energiebedarf durch Erneuerbare Energien zu decken?
Erdgas besteht vorwiegend aus Methan
Erdgas ist, genau wie Kohle, ein fossiler Brennstoff. Und Erdgas besteht zu einem großen Anteil aus dem Gas Methan (CH4). Beim russischen Gas macht Methan sogar einen Anteil von 98 % aus.
Wird Erdgas verbrannt, entstehen dabei Wasser und Kohlendioxid. Und vergleichen wir jetzt Erdgas mit Kohle, entsteht bei der Verbrennung von Erdgas laut Umweltbundesamt tatsächlich etwa 40 % weniger Kohlendioxid (CO2) pro Energieeinheit als bei der Verbrennung von Steinkohle oder Braunkohle. Das sieht ja, betrachte ich nur diese CO2-Werte, tatsächlich erst einmal nach einem Vorteil für das Erdgas aus.
Aber, das Methan selbst, das ja den größten Teil des unverbrannten Erdgases ausmacht, ist ein starkes Klimagas. Es hat in der Atmosphäre eine riesige Wirkung auf die Erhitzung des Erdklimas.
Die Studie der Scientists For Future Deutschland zeigt: Erdgas ist keine Brückentechnologie in eine klimaneutrale Energieversorgung. Die Klimabilanz von Erdgas ist nicht so gut wie bisher angenommen. Und der geplante Ausbau von Erdgas-Infrastruktur in Deutschland würde die Energiewende weiter verzögern. Es wäre dann schlichtweg nicht mehr möglich, die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten.
Große Mengen Methan entweichen bei Förderung, Transport und Lagerung
Nach der Studie der Scientists For Future „Erdgas – Brückentechnologie oder Risiko für die Energiewende?“, wurde bei der bisherigen Klima-Bilanz Folgendes nicht ausreichend berücksichtigt: Bei der Förderung, beim Transport und der Lagerung von Erdgas entstehen häufig sogenannte Leckagen, also undichte Stellen, aus denen dann das klimaschädliche Methan austritt. Zusätzlich wird bei der Förderung auch noch kontrolliert Erdgas abgegeben oder abgefackelt:
„Methanemissionen, die durch Leckagen, bewusstes Ablassen oder Abfackeln insbesondere bei der Erdgasförderung entstehen, wurden bisher nicht oder nicht vollständig in die Berechnung der Klimawirkung von Erdgas einbezogen.“ Erdgasexpertin Hanna Brauers von der Technischen Universität Berlin und Mitautorin der Scientists for Future Studie
Methan ist ein Klimagas mit größerer Treibhauswirkung als CO2
Nach Angaben des Weltklimarates (IPCC) hat Methan über einen betrachteten Zeitraum von 100 Jahren, ein 36-mal stärkeres Treibhauspotential als Kohlendioxid. Betrachtest du die Wirkung über 20 Jahre ist das Potential sogar 86-mal stärker als CO2!
Und das heißt also, entweicht Erdgas aus den Leckagen, hat es als Methan eine viel größere Klimawirkung als wenn es verbrannt wird und dabei Wasser und CO2 entstehen.
Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, führt in seinem Podcast „Nordstream 2: Erdgas-Brücke in die Klimakatastrophe?“ dazu aus:
„Wenn nur 3 % Erdgas bei Förderung, Transport und Lagerung entweichen, ist die Klimabilanz für das Erdgas aufgrund der starken Treibhauswirkung des Methans doppelt so schlecht wie bei der ausschließlichen Verbrennung des Erdgases!“ Prof. Volker Quaschning
Diese zusätzlichen Methan-Emissionen können laut Studienlage zwischen 2-17 Prozent der Gesamtfördermenge liegen, zeigt die Übersichtsarbeit der Scientists. Dabei ist für die Höhe der Methanemission auch entscheidend, wie lang der Transportweg durch eine Pipeline ist. Je länger der Transportweg, desto mehr Leckagen können auftreten und desto mehr Methan strömt aus. So kann bei dem Transport von Erdgas aus Russland etwa 10-mal mehr Methan entweichen als beim importierten Erdgas aus Norwegen oder den Niederlanden.
Wie schädlich ist Erdgas? Und was müssen wir tun, um unsere Klimaziele einhalten zu können? Das erläutern Cornelia und Volker Quaschning in ihrer Podcast-Folge zu Nordstream 2.
Deshalb muss die gesamte Klimabilanz von Erdgas betrachtet werden
Berücksichtigen wir also zusätzlich zu der Verbrennung auch die Leckagen bei Förderung, Transport und Lagerung von Erdgas und beachten das riesige Treibhauspotenzial von Methan, schrumpft der Vorteil der Klima-Bilanz von Erdgas. Und durch die hohe Treibhausgaswirkung von Methan, gerade in den ersten Jahren, könnte die Verwendung von Erdgas statt Kohle zu einer noch schnelleren zusätzlichen Erdüberhitzung führen.
„Der vergleichsweise positiv erscheinende Wert für die spezifischen CO2-Emissionen von Erdgas relativiert sich stark, wenn nicht nur die direkten Emissionen, sondern die Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus berücksichtigt werden.“ Prof. Dr. Claudia Kemfert
Deshalb müssen die Emissionen und deren Wirkung im gesamten Lebenszyklus des Erdgases berechnet werden, um ein realistisches Bild über die Klimagasbelastung durch Erdgas abbilden zu können, schlussfolgern die Scientists for Future in ihrer Studie. Zu den Mitautorinnen gehört Prof. Dr. Claudia Kemfert. Sie ist Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Mitglied des Sachverständigen Rates für Umweltfragen und Mitautorin der Erdgas-Studie der Scientists For Future Deutschland. Die immer noch verbreitete Annahme, dass Erdgas eine positivere Klimabilanz hat als Kohle, muss korrigiert werden, sagen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Auch bei Förderung und Transport von Frackinggas entstehen zusätzliche Treibhausgase
Ich frage mich jetzt gerade, wenn die langen Pipelines ein Grund sind, für die hohe Freisetzung von Methan beim russischen Erdgas – dann ist ja vielleicht das Erdgas aus den USA, das als Flüssiggas mit dem Schiff nach Deutschland transportiert wird, doch besser in seiner Klimabilanz?
Leider nein. Dazu führen die Scientists for Future aus: Auch bei der Förderung des Erdgases durch Fracking und beim Transport des verflüssigten Erdgases (LNG, von engl. Liquified Natural Gas) aus den USA entstehen zusätzliche Klimagas-Emissionen. So muss das Erdgas für den Transport aus Übersee zunächst bei -160 °C verflüssigt und gelagert werden. Dafür wird viel Energie benötigt, wodurch letztendlich auch wiederum große Mengen an CO2 freigesetzt werden. Zusätzlich verbrauchen die Flüssiggastanker bei der Fahrt über den Ozean viel Treibstoff, wie Schweröl oder Schiffsdiesel. Insgesamt gehen die Wissenschaftler:innen daher beim Flüssiggas-Transport von einer zusätzlichen Treibhausgas-Emission aus, die in etwa in der Höhe des freigesetzten Methans aus Leckagen der russischen Pipelines liegt. Außerdem ist das in den USA gewonnene Erdgas mit der Methode das Frackings hergestellt, das zusätzliche Belastungen für Menschen und Umwelt bedeuten kann.
Deshalb zeigt sich also weder beim Pipeline-Gas aus Russland noch beim Flüssig-Gas aus den USA ein klimafreundlicher Vorteil gegenüber der Energiegewinnung aus Kohle.
Zusätzliches Erdgas ist ein Risiko für die Energiewende
Die Scientists for Future befürchten, dass durch den weiteren Ausbau von Erdgasinfrastrukturen die Energiewende weiter verzögert wird. Denn, sind die Gasleitungen oder Terminals erst einmal gebaut, gibt es diese ja nun für ihre Lebensdauer von etwa 30-50 Jahren. Es ist davon auszugehen, dass die Betreiber die Anlagen dann auch über die gesamte Lebensdauer nutzen wollen, um die einstigen Investitionskosten und weitere Gewinne zu erwirtschaften. Eine Parallele haben wir ja zurzeit beim Ausstieg aus der Kohleindustrie. Auch hier bestehen noch langjährige Verträge zwischen Energieunternehmen und Kohleminen. Und Kraftwerke, die erst vor kurzem ans Netz gegangen oder noch nicht abgeschrieben sind, erschweren einen frühen Ausstieg aus der Kohle.
Und die Wissenschaftler:innen sehen ein erhebliches Risiko für die Finanzierung der Energiewende. Zurzeit macht Erdgas in Deutschland ein Viertel des Energieverbrauchs aus. In denen nächsten Jahren wird es aber, laut Umweltbundesamt (UBA), einen Rückgang des Erdgasverbrauchs geben. Das Umweltbundesamt sieht daher auch keinen Bedarf für den Ausbau des Gasnetzes. Auch die Europäische Kommision geht derzeit von einem Erdgas-Rückgang von 29 % bis 2030 aus.
Aber, trotzdem plant Deutschland zurzeit Investitionen für Gas-Kraftwerke, Gasnetze und Flüssiggas-Terminals in der Höhe von etwa 18 Milliarden Euro. Es ist nicht zu verstehen, warum jetzt noch in eine Infrastruktur investiert wird, die in ein paar Jahren nicht mehr benötigt wird und dann vorzeitige Stilllegungen wieder durch Steuergelder finanziert werden müssten.
Deshalb wird dieses Vorgehen von den Wissenschaftler:innen als finanziell äußerst riskant eingestuft. Und das Geld, das dann für mögliche Ausgleichszahlungen für die Erdgasindustrie benötigt würde, stünde nicht mehr für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zur Verfügung.
Kein Ausbau der Erdgasinfrastruktur für Wasserstoffstrategie nötig
Häufig wird auch von Politikerinnen und Politikern argumentiert, dass der Ausbau der Gasinfrastruktur wichtig sei, für die künftige Nutzung von grünem Wasserstoff als Energiequelle. Auch dieser Aussage wiedersprechen die Wissenschaftler:innen in ihrem Diskussionspapier. Sie betonen, dass die Gasinfrastruktur, die wir zurzeit in Deutschland haben, ausreichend ist für unsere Energiewende zur Klimaneutralität.
Und es ist auch die Frage, wo denn zum Beispiel Russland seinen grünen Wasserstoff, also den mit Wasser- und Solarenergie hergestellten Wasserstoff, herkriegen wird, der dann durch die Pipelines gepumpt werden soll? Laut der Podcastfolge zu Nordstream 2, von Volker und Cornelia Quaschning, hat Russland zurzeit einen Anteil von gerade mal 6 % der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch. Da ist es ja eher unwahrscheinlich, dass uns Russland demnächst mit grünem Wasserstoff über die Erdgasleitungen beliefern kann.
Deshalb ist es stattdessen wichtig, den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland voranzutreiben, um dann in einer klimaneutralen Wirtschaft den Wasserstoff alleine aus Spaltung von Wasser (Elektrolyse) mit dem Strom aus Solaranlagen und Windkraftanlagen direkt in Deutschland herstellen zu können.
In Deutschland wird der erforderliche Ausbau der Erneuerbaren Energien weiterhin verhindert
Aber nach wie vor wird der Ausbau von Solar- und Windenergie massiv verhindert und zwar vor allen Dingen durch das Erneuerbare Energiengesetz (EEG), das leider immer noch ein Erneuerbare Energien Verhinderungsgesetz ist. Mit diesem Gesetz werden viel zu geringe Mengen an Zubau von Sonnen und Windenergie festgelegt und durch Deckelung jeglicher Schwung in diesen zukunftsfähigen Energiebranchen verhindert.
Mehr zum Erneuerbaren Energiengesetz und wie es den dringend nötigen Zubau der Wind- und Solarenergie verhindert, erfährst du im Podcast von Cornelia und Volker Quaschning zur EEG-Novelle.
Zum Erreichen unserer Klimaschutzziele müssen die Erneuerbaren Energien ausgebaut werden
Und Deutschland und auch Europa haben das Ziel bis 2050 klimaneutral zu werden. Aber Wissenschaftler:innen haben in den letzten Jahren immer wieder betont, dass wir, um das Pariser Klimaschutzziel einhalten zu können, sogar bereits spätestens 2035 klimaneutral sein müssten.
Deshalb muss spätestens in 15 Jahren die gesamte Energie, die wir verbrauchen (also nicht „nur“ Strom, sondern auch Wärme und Verkehr) ausschließlich aus Erneuerbaren Energien hergestellt werden. Wir können jetzt nicht noch in Projekte fossiler Energien investieren, die eine Laufzeit von 30-50 Jahre haben. Wir brauchen jetzt Pfade zum Rückbau des fossilen Energieträger Erdgas und deshalb brauchen wir endlich eine Entfesselung des Marktes für Erneuerbaren Energien und Ausbaupfade für Solar- und Windenergie, mit denen wir auch tatsächlich unsere Klimaschutzziele erreichen können. Und deshalb brauchen wir auch eine Strategie in der Wärmeversorgung aus nachhaltigen Energiequellen wie Umweltwärme oder Abwärme.

Wir brauchen Ausbaupfade für die Wind- und Solarenergie, mit denen wir das Pariser Klimaschutzziel erreichen können. Wissen und Technik haben wir genug. Foto von winterseitler, Pixabay, CCO

Jetzt brauchen wir den politischen Willen und eine großangelegte Ausbildungsoffensive in den Erneuerbaren Energien. Foto von Klaus-Uwe Gerhardt, Pixabay CCO
Warum soll es aber Erdgas-Terminals und Nord Stream 2 geben, wenn damit das Ziel der Klimaneutralitat verhindert wird?
Wir brauchen also keinen Ausbau der Erdgasinfrastruktur für unser Ziel einer klimaneutralen Energiewirtschaft. Im Gegenteil – Erdgas ist ein fossiler Energieträger und die Wissenschaftler:innen warnen, dass die Verwendung von Erdgas statt Kohle die Erdüberhitzung kurzfristig noch beschleunigen könnte. Und die Erdgas-Infrastruktur, die jetzt noch gebaut wird, die Wende hin zu den Erneuerbaren Energien blockiert.
Aber Flüssiggas-Terminals und Pipelines sollen trotzdem gebaut werden? Warum?
Das Erdgas den Ruf hat, klimafreundlich und wichtig auf den Weg zur Klimaneutralität zu sein, daran arbeiten Marketing-Agenturen der Gasindustrie laut SPIEGEL Wissenschaft schon lange. Tatsächlich scheint Deutschland ein Spielball der wirtschaftlichen Interessen der USA und Russlands zu sein, so der Bericht. Beide Länder brauchen Deutschland aufgrund seiner geographischen Lage als Eingangspforte für die jeweiligen Gasexporte.
In den letzten Jahren wurden die Rohre für die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee einfach vom russischen Gasanbieter Gazprom weiter verlegt – trotz Widerstand vieler Anrainerstaaten und der Europäischen Union. Auf den letzten Metern kam jedoch das Verlegen der Rohre für den Gastransport aus Russland zum Stillstand, da die USA mit Sanktionen gedroht haben. Um die Sanktionen zu verhindern und trotzdem die Fertigstellung von Nord Stream 2 zu ermöglichen, hat jetzt die SPD-Politikerin und Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig, eine Stiftung mit dem schönen Namen „Stiftung und Klimaschutz in MV“ ins Leben gerufen. Sie hat das Ziel, Nord Stream 2 zu vollenden. Finanziert wird die Stiftung vor allem durch etwa 20 Millionen Euro der Nord Stream 2 AG, die zum russischen Staatskonzern Gazprom gehört und 200.000 € Steuergeldern! Die Werbestrategie der Gas-Lobby scheint also zu funktionieren. Im Vorstand des Verwaltunsgrates sitzt übrigens SPD-Mitglied und Altbundeskanzler Gerhard Schröder.
Auch die Vermarktung von Fracking-Gas wird mit Steuergeldern unterstützt
Die Regierung der USA, unter Donald Trump, wollte ihr Fracking-Gas nach Europa exportieren. Wie das jetzt unter der Regierung Joe Bidens werden wird, ist noch fraglich. Ursprünglich waren drei Flüssiggas Terminals in Niedersachsen und Schleswig-Holstein geplant. Unterstützt wurden die USA dabei auch von der niedersächsischen Landesregierung. Auch Stephan Weil, Landeschef und SPD-Politiker, spricht hier von der Bedeutung des Erdgases für das Ziel der Klimaneutralitat. Es gibt sogar eine LNG-Agentur des Landes Niedersachsen, für die laut SPIEGEL Wissenschaft jährlichen eine dreiviertel Millionen an Steuergeldern bereitgestellt wird. Diese Agentur hat das Ziel für Flüssig-Gas zu werben.
Klimaneutral geht nicht mit dem Ausbau fossiler Energieträger
Und Stephan Weil sprach sich gerade bei einem Wirtschafttreffen in Moskau mit Vertretern der Öl- und Gasindustrie auch für die Fertigstellung des Nord-Stream 2 Projektes aus. Und das ist umso erstaunlicher, wo doch die Bundes-SPD mit Herrn Olaf Scholz als Bundeskanzler-Kandidaten die Wahl-Parole „SPD ist klimaneutral“ ausgegeben hat. Wie soll das wohl funktionieren, wenn erst einmal noch viel Geld in alte fossile Energiequellen investiert wird?
Das passt nicht. Merken die Politiker:innen wohl selber. Und deshalb bemühen sie, wie auch hier Stephan Weil, mal wieder das längst widerlegte uralt Mantra 🙁 , dass eine Energieversorgung beim gleichzeitigen Ausstieg aus Atomkraft und Kohleenergie nicht zu schaffen sei.
Ein globales Energiesystem aus 100 Prozent erneuerbarer Energie ist in den nächsten 10 bis 15 Jahren machbar
Die Politiker:innen ignorieren dabei immer wieder, dass die Wissenschaftler:innen seit Jahren in Studien das Gegenteil aufzeigen: Eine Versorgung mit erneuerbaren Energien in Deutschland bis 2035 ist möglich. Und die internationale Global 100 RE Strategy Group (der Name ist ja leider etwas sperrig 😉 ), hinter der renommierte Forscher:innen Erneuerbarer Energien stecken, haben gerade veröffentlicht, dass es sogar möglich ist, weltweit eine Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen 🙂 . Deshalb müssen jetzt endlich die politischen Weichen für die Erneuerbaren Energien gestellt werden.
„Ein globales Energiesystem, das zu 100 Prozent mit sauberer, erneuerbarer Energie betrieben wird, ist nicht nur in den nächsten 10 bis 15 Jahren realisierbar, es kann auch Geld sparen, Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen, Leben retten und der Menschheit einen Vorsprung verschaffen, um einen außer Kontrolle geratenen Klimawandel zu verhindern.“ Global 100 RE Strategy Group
Fazit frau k .
Die Studie der Scientists For Future Deutschland zeigt: Erdgas ist keine Brückentechnologie in eine klimaneutrale Energieversorgung. Die Klimabilanz von Erdgas ist nicht so gut wie bisher angenommen. Und der geplante Ausbau von Erdgas-Infrastruktur in Deutschland würde die Energiewende weiter verzögern. Deshalb wäre es dann schlichtweg nicht mehr möglich, die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten.
Die Erkenntnisse sind ja nicht neu. Das sind die aktuellen Studienergebnisse der letzten Jahre, die die Scientists for Future hier ausgewertet haben. Aber, warum halten Politiker:innen das Bild des klimafreundlichen Erdgases immer noch aufrecht, anstatt endlich in die regionalen Erneuerbaren Energien zu investieren? Die Lobby-Arbeit der Gas-Konzerne scheint hier sehr erfolgreich zu sein, wie SPIEGEL Wissenschaft in seinem Bericht ausführt.
Dieser Rückfall in uralte fossile Denkmuster muss gestoppt werden – denn sie gefährden die regionale nachhaltige Energiewirtschaft in Deutschland und belassen uns in der Abhängigkeit von internationalen Großkonzernen und verhindern das Erreichen unserer Klimaschutzziele.
Deshalb – wichtig ist jetzt, den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranzutreiben. Und dafür müssen im EEG endlich die gesetzlichen Weichen richtig gestellt werde: Weg von Beschränkung und Deckelung der Solar- und Windenergie. Hin zur Entdecklung und Ausbaupfaden, mit denen wir das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten können und bis spätestens 2035 klimaneutral werden. Das hätte einen riesigen Boom für nachhaltige regionale Arbeitsplätze in der Solar- und Windenergie zufolge.
Brauchst du Tipps? Hast du Tipps?
Es ist gut, dass du weißt, dass es anders ist als uns manche CDU-, FDP- oder SPD-Politiker:innen immer noch glaubhaft machen wollen. Jetzt kannst du in Gesprächen auf die anders lautenden Erkenntnisse der Wissenschaftler:innen verweisen. Und falls du es noch nicht getan hast: Wechsle doch zu einem Tarif eines Strom- und Gasanbieter, mit dem du Strom und Gas aus wirklich nachhaltigen Quellen beziehst. Und es wäre super, wenn du die Klima-Bewegung unterstützt, denn so können wir den nötigen Druck aufbauen, dass Politiker:innen endlich wirklich die Weichen stellen, um das Pariser Klimaschutzziel zu erreichen. Geh zu den Klima-Demos der Fridays For Future (es wird dieses Jahr bestimmt wieder einige davon geben – wenn auch Corona bedingt nicht so groß). Warte nicht mehr, denn, wenn wir jetzt zeigen, dass wir eine nachhaltige Veränderung wollen, wird sich auch endlich wirklich etwas ändern können. Gerade im Superwahljahr 2021. Und – versteht sich natürlich von selbst 😉 : Wähle keine Partei, die nach wie vor den Ausbaus der Erneuerbaren Energien verhindert und in Fossile Energien investieren will.
Wir haben guten Chancen, es dieses Jahr gemeinsam zu schaffen, die Weichen für eine fossilfreie, nachhaltige, regionale Energiewirtschaft zu stellen. Sei dabei!
Schreib mir doch gerne, was du von den Aussagen der Politiker:innen zu Nordstream 2 und den Bau von Flüssiggas-Terminals hältst. Und, was du für Tipps hast, die nachhaltige regionale Energiewende voranzubringen.
Beste Grüße
frau k .
FAKTEN CHECK Erdgas
Quellen:
Podcast von Cornelia und Volker Quaschning „Nordstream 2: Erdgas-Brücke in die Klimakatastrophe?“
Podcast von Cornelia und Volker Quaschning „EEG-Novelle: Staatsversagen beim Klimaschutz“
GEO Fracking „Das sollten Sie wissen“
SPIEGEL Wissenschaft „Klimaforscher warnen vor Investitionen in Erdgas“
SPIEGEL Wissenschaft „Was ist klimaschädlicher: Pipeline- oder Flüssiggas?“