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Vielleicht doch schnelleres Abschalten des Kohlekraftwerkes Stöcken möglich

Kohleaus in Hannover vielleicht doch schon 2026? Yippieh!

 

Plötzlich könnte alles viel schneller gehen als zuvor gedacht. Nun könnte es doch klappen mit dem Aus für die Kohle in Hannover bereits 2026 . Heute stellten die Beteiligten, die über den Termin des Kohleausstiegs in Hannover diskutieren, einen Kompromiss vor. Danach wollen die Stadtwerke enercity, so schnell wie es geht, möglichst jedoch 2026, das Kohlekraftwerk Stöcken komplett stilllegen. Das wäre dann genau der Termin, den die Initiator:innen von hannover erneuerbar als Kohleausstiegstermin gefordert hatten. Außerdem will die Stadt Hannover gemeinsam mit enercity ein 35-Millionen-Programm auflegen, mit dem Hannover bis 2035 rund 800.000 Tonnen Kohlendioxid einsparen kann und die nachhaltige Wärmeversorgung in Hannover weiter vorantreibt. Wow! Das klingt gut. Sind dieser Kompromiss und das zusätzliche CO2-Einsparprogramm denn jetzt schon beschlossene Sache oder kann da noch was schief gehen? Was steht genau drin im Einsparprogramm? Und sammelt die Initiative hannover erneuerbar trotzdem noch weiter Unterschriften für den Bürgerentscheid zum Kohleausstieg?

Welche Planung gab es denn bislang zum Kohlekraftwerk Stöcken?

Die Stadt Hannover hat ja das Klimaziel, möglichst 2035 klimaneutral zu sein. Dem Kohlekraftwerk in Hannover Stöcken kommt dabei eine Schlüsselrolle zu – pustet es doch mit seinen beiden Kraftwerkblöcken etwa 1 Million Tonnen CO2 pro Jahr in die Luft. Das ist mehr als Hannovers gesamter Verkehr in einem Jahr ausstößt. (Der liegt laut der letzten CO2-Bilanz von 2019 nämlich bei 0,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.) Du siehst also – es ist eine enorme Stellschraube, die hier mit dem Abschalten des Kraftwerks zur Verfügung steht.

Die Stadtwerke enercity wollten in den nächsten 10 Jahren aus der Stromgewinnung und Wärmeerzeugung mit Steinkohle aussteigen. Bislang plante enercity dafür ein Abschalten des ersten Kraftwerkblocks in Stöcken im Jahr 2025 und das Abschalten des zweiten Blocks 2030. Um die Strom- und Wärmeversorgung aufzufangen, sollen dafür 12-14 kleine Anlagen geplant und errichtet werden.

Hier erfährst du mehr über die Wärmequellen, die das Kohlekraftwerk ersetzten sollen und wie ein Ausstieg aus der Kohle bis 2026 klappen könnte.

Abschalten des Steinkohlekraftwerks Stöcken bereits 2026 – wie kann das gelingen?

Kohlekraftwerk Hannover Stöcken

Warum schon 2026 abschalten?

Nach dem Willen der Initiator:innen und Unterstützer:innen von hannover erneuerbar, darunter findest du die Fridays For Future-Bewegung, verschiedene andere Klima- und Umweltgruppen sowie die IG Metall, soll der Kohleausstieg jedoch schneller gehen. Sie argumentieren, dass Hannover bereits in den nächsten 5 Jahren massiv seine CO2-Emissionen reduzieren muss, um seine Klimaneutralität 2035 noch zu erreichen und damit seinen Beitrag zum Pariser 1,5-Grad-Ziel. Sie fordern deshalb bereits ein Abschalten des gesamten Kohlekraftwerks in Stöcken bis 2026 und bald danach einen baldigen Ausstieg aus der Verbrennung von Gas. Seit Anfang März sammeln sie daher bereits Unterschriften für einen Bürger:innenentscheid, der den Hannoveraner:innen die Möglichkeit geben soll, direkt über das schnellere Abschalten des Kraftwerks abzustimmen. Benötigt werden dafür 20.000 Unterschriften. Zu den ersten Unterschreibenden gehörten übrigens Belit Onay, der grüne Oberbürgermeister der Stadt Hannover und Steffen Krach, der Kandidat der SPD für das Amt des Regionspräsidenten.

Wie kam es jetzt zu dem Ausstiegs-Kompromiss?

Belit Onay hatte für die Diskussion um das Abschaltdatum des Kohlekraftwerks einen Runden Tisch einberufen. Für die Landeshauptstadt verhandelten neben dem Oberbürgermeister auch die Wirtschafts- und Umweltdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette und der Finanzdezernent Dr. Axel von der Ohe mit enercity und den Vertreter*innen von hannover erneuerbar. Wissenschaftlich begleitet wurde die Runde von Jens Clausen vom Borderstep Institut. Er ist ebenfalls Mitbegründer der Scientists for Future Hannover.

Belit Onay bestätigte, dass die Beratungen intensiv und sehr konstruktiv waren:

Alle Beteiligten einte das gemeinsame Ziel, den Kohleausstieg so schnell wie möglich zu vollziehen, um einen wirksamen Beitrag für mehr Klimaschutz zu leisten. Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover

Was beinhaltet der Kohle-Kompromiss genau?

Zwischen dem von hannover erneuerbar geforderten Kohle-Aus bereits 2026 und dem ursprünglich Plan von enercity das Kraftwerk stufenweise 2025 und 2030 abzuschalten, liegen nicht nur ein paar Jahre, sondern eben auch etwa 1,5 Millionen Tonnen CO2, die das Kraftwerk in dieser längeren Laufzeit noch ausstoßen würde. Und es geht ja genau darum, diese CO2-Menge so schnell wie möglich zu reduzieren.

Durch die Gespräche am Runden Tisch wurde nun ein Kompromiss erzielt, der ein schnelleres Abschalten des zweiten Blocks als klares Ziel hat, aber dem Unternehmen enercity auch die nötige Flexibilität belässt, falls es unverschuldet nicht genau mit der Punktlandung 2026 klappen sollte.

In dem gemeinsam erarbeiteten Einigungspapier erklärt sich enercity nun bereit, „nachprüfbar so früh wie möglich das Kohlekraftwerk stillzulegen – angestrebt wird das Jahr 2026.“

Um schon früher die CO2-Emissionen zu senken, die wir in der Stadt benötigen, um auf 1,5 Grad Kurs zu bleiben, gibt es zusätzlich bereits ab 2021 begleitende Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass insgesamt 800.000 Tonnen CO2 bis 2035 eingespart werden können. Dafür werden von der Stadt und den Stadtwerken bis 2023 zusammen 35 Millionen € bereitgestellt.

Außerdem wird Oberbürgermeiste Belit Onay einen Beirat einsetzen, mit Teilnehmenden vom Bürger:innenbegehren, der Stadtverwaltung und von enercity. Der Beirat soll den Prozess des Ausstiegs begleiten und hier wird enercity ebenfalls über die Fortschritte berichten.

Die zusätzlichen Maßnahmen zur CO2-Minderung:

  • Stilllegen des ersten Blocks im Kohlekraftwerk nach Möglichkeit bereits 2024 – also ein Jahr früher als bisher. (Allein mit dem Vorziehen dieses einen Jahres des 1. Blocks könnten bereit rund 500.000 Tonnen CO2 ein Jahr früher eingespart werden! 🙂 )
  • Förderung des Austausches alter Ölheizungen gegen Wärmepumpen oder Anschluss an das Fernwärmenetz. Zurzeit gibt es etwa 5.000 Ölheizungen in Hannover.
  • Förderung der Effizienz von Heizungsanlagen – auch durch digitale Nachrüstung.
  • Anschlusspflicht an das Fernwärmenetz ab 2022 – für Neubauten oder zu erneuernde fossile Heizanlagen in dicht bebauten Wohnvierteln.

Puffer und weiterer Schritt der Wärmewende

Diese Maßnahmen geben also einen Puffer durch die CO2-Einsparung von insgesamt 800.000 Tonnen. Das ist dann wichtig, falls das Abschalten des 2. Block des Kraftwerks nicht bis 2026 gelingt und dann doch noch über diesen Zeitraum hinweg CO2-Emissionen durch den 2. Kraftwerkblock ausgestoßen würden.

Außerdem beginnen mit diesen Maßnahmen bereits die nächsten Schritte der Wärmewende, nämlich das Umschalten auf die dezentrale Wärmeversorgung durch Energiepumpen und die Ausweitung der Wärmversorgung durch Fernwärmenetze. Und das hat Kostenvorteile für die Verbraucher:innen, sagt auch Jens Clausen.

Mit Blick auf die durch den CO2-Preis zu erwartenden Preissteigerungen bei Erdgas und Heizöl schützen die Landeshauptstadt und enercity die Bürger:innen so vor mittelfristig immer höheren Wärmepreisen. Dr. Jens Clausen vom Borderstep Institut

Pressekonferenz zum Kohle-Kompromiss im neuen Rathaus Hannover. Stephan Barlag, Johanna Gefäller und Jennifer Browne für hannover erneuerbar.

Ist die Einigung jetzt schon beschlossene Sache oder kann da jetzt noch was schiefgehen?

Jetzt muss der ausgehandelte Kompromiss mit den flexibleren Ausstiegsdaten und dem flankierenden Maßnahmen-Programm noch vom Stadtrat beschlossen werden. Das soll noch vor der Sommerpause passieren. Hier zeichnet sich aber bereits jetzt eine große Mehrheit von den Grünen, der SPD, der CDU und der FDP ab. Gibt es dann grünes Licht, wird der Beschluss noch durch einen Vertrag zwischen enercity und der Landeshauptstadt festgehalten und so rechtssicher gemacht.

Und wovon ist der Kohleausstieg 2026 auch noch abhängig?

Wie schnell die Landeshauptstadt tatsächlich nun aus der Kohle aussteigen kann, wird auch davon abhängen, wie aufwändig die Grundstücksuche und die Genehmigungsverfahren für die Ersatzanlagen sein werden.

So weist dann auch die enercity-Vorsitzende Dr. Susanna Zapreva darauf hin, dass diese tragfähige Lösung nur möglich war „durch offenen und konstruktiven Dialog“ und genau diesen wünsche sie sich auch „von den Bürgerinnen und Bürgern in Hannover im Rahmen der Genehmigungsprozesse für die 10 bis 14 neuen Anlagen, die in den kommenden Jahren gebaut werden.“

Die Stadt benötigt außerdem finanzielle Unterstützung von Bund und Land für die Umstellung auf alternative Energien. „Der Kohleausstieg in Hannover kostet einen dreistelligen Millionenbetrag, allein enercity investiert mehr als 500 Millionen Euro“, erklärt Belit Onay.

Damit Regionen und Kommunen ihren Beitrag zum Einhalten des Pariser Klimaschutzziels überhaupt einhalten können, ist es also auch wichtig, dass die Landes- und Bundespolitik dafür jetzt die richtigen Weichen in der Klimapolitik und die nötige finanzielle Unterstützung stellen.

Belit Onay hatte sich dazu bereits vor einigen Tagen mit einem Schreiben an das Bundeskanzleramt mit der Forderung gewandt, dass der Bund die Kommunen bei der Energiewende stärker unterstützen müsse.

Kohlekraftwerk Hannover Stöcken jetzt doch schon Abschaltung 2026?

Das Kohlekraftwerk in Hannover Stöcken wird jetzt vielleicht doch schon 2026 abschaltet. Foto von ChristianSchd – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

 

hannover erneuerbar sammelt weiter Unterschriften bis der Ratsbeschluss für den Kohlekompromiss steht.  Unterschriftenliste hannover erneuerbar

Warum sammelt hannover erneuerbar trotzdem weiter Unterschriften für den Bürger:innenentscheid?

Das erklärt Johanna Gefäller. Sie ist eine der Initiator:innen von hannover erneuerbar. Johanna freut sich sehr, dass ein Einigungsvorschlag erreicht wurde, „mit dem der Ausstieg aus der Kohleverbrennung nun blockweise für 2024 und 2026 angestrebt wird und zugleich noch weitere Maßnahmen andere Bereiche der Wärmewende voranbringen sollen.“

„Es wäre ein großer Erfolg für den Klimaschutz in Hannover, wenn es gelingen würde, eine so breite Basis zu schmieden für diese wichtige Weichenstellung auf dem Weg Richtung Klimaneutralität der Landeshauptstadt in 2035“, sagt Johanna Gefäller von hannover erneuerbar.

Das Sammeln der Unterschrift wird jedoch erst einmal engagiert weitergehen, bis der Stadtrat positiv über die Vereinbarung entschieden hat und dadurch der Kompromiss verbindlich würde. Erst wenn das geschehen ist, wird hannover erneuerbar das Bürger:innen-Begehren zurückziehen.

Kommentar frau k.

Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Wochen geurteilt, dass die jetzige Generation auf Kosten der jungen Generation lebt und das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung in Teilen verfassungswidrig ist: Wir pusten jetzt und in den nächsten Jahren so viel CO2 in die Atmosphäre, dass unsere Kinder spätestens in 10 Jahren massiv in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, um noch das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten und damit die Auswirkungen der Erderhitzung auf ihre Lebensgrundlagen begrenzen zu können. Diese Einschränkung im Alltag unserer Kinder käme dann einer Art Klimalockdown gleich.

In Hannover sind diese Zeichen der Zeit bereits vor dem Urteil erkannt worden. In der Stadt wurde bereits letztes Jahr beschlossen, möglichst bis 2035 klimaneutral zu sein. Und hier setzen sich dieses Jahr der Oberbürgermeister Belit Onay, die Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke enercity Dr. Susanna Zapreva und die Menschen des Bürger:innenbegehrens hannover erneuerbar an einen Tisch, lassen sich wissenschaftlich beraten, beschließen den Kohleausstieg bis möglichst 2026 und stellen mit weiteren Maßnahmen die Weichen für eine dezentrale kostengünstige Wärmeversorgung der Stadt. Sie drehen damit an einer der dicken Stellschrauben, um auf dem richtigen Klimakurs zu bleiben und rechtzeitig in die Zukunftsenergien zu investieren. Hannover macht es jetzt also vor, wie wir die Klimaschutzziele einhalten können und alle davon profitieren. So sichern wir die Freiheit unserer Kinder.

Freust du dich auch so, über dieses gute Ergebnis aus den Verhandlungen? Findest du es auch so großartig, was dieses erste Bürger:innenbegehren in Hannover für die Beschleunigung der Wärmewende und dem Erreichen des 1,5-Grad-Ziels in Hannover bewirkt hat? Was kannst du für deine Stadt berichten – wie geht es dort mit der Umstellung von fossiler auf nachhaltige Energie voran? Schreib mir gerne einen Kommentar.

Hoffnungsvolle Grüße frau k.

FAKTEN CHECK Themen – die uns Hoffnung geben

Möglichst 2024
wird der erste Kraftwerkblock abgeschaltet.
Möglichst 2026
folgt der zweite Kraftwerkblock.
Ab 2021
Maßnahmen, damit CO2-Emissionen in der Wärmeversorgung sinken.
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