Überspringen zu Hauptinhalt

Angst beginnt im Kopf. Mut auch. Auch während der Coronakrise.

Ich habe es wieder getan, obwohl ich weiß, dass es mir nicht gut tut. Eigentlich wollte ich mir nur die neue Rede von Frau Merkel ansehen, zum Coronavirus. Abends in den 20-Uhr-Nachrichten.

Der Schwager hatte am Telefon gesagt, dass weitere Beschränkungen auf uns zukommen werden. Ich wollte nur wissen, was das bedeutet für mich, für die Familie. Und dann habe ich aber den Fernseher nicht wieder ausgemacht. Dann habe ich die Bilder aus Norditalien gesehen, aus Madrid, aus London und New York. Und dann kam sie doch. Die Angst.

Und dann ist sie plötzlich doch da

Geht es dir auch so? Dass sie dich dann doch zwischendurch erwischt, trotz oder gerade wegen all deiner neuen Corona- (vielleicht noch nicht ganz-) Alltags-Routine. Plötzlich ist sie da, und du kannst sie nicht mehr verdrängen – deine Sorge, um deine Liebsten und um all das, was noch auf uns zukommen könnte.

Verschiedenen Möglichkeiten, mit Angst umzugehen

Angst beginnt im Kopf. Aber der Mut auch 🙂 .  Das heißt, du kannst es steuern, wann und wie lange du dich mit deiner Sorge auseinandersetzen magst. Es gibt ja gerade in diesen Corona-Tagen von Experten einige Tipps dazu, wie du mit Angst und Sorgen umgehen kannst. Und auch ich versuche mich in so einer Situation daran zu erinnern, was ich im Laufe meines Lebens schon in Krisensituationen gelernt habe. Und dir wird es ja ähnlich gehen. Du hast bestimmt auch einen Fundus an Strategien, die du verwenden kannst. Vielleicht sind sie dir bloß nicht so bewusst. Ich schreibe meine Mittelchen aus der Anti-Angst-Werkzeugkiste hier mal auf. Du wirst bestimmt viele wiedererkennen.

Die Anti-Angst-Werkzeugkiste. Du hast bestimmt im Laufe deines Lebens auch schon einige Strategien gegen Angst ausprobiert. Vielleicht weißt du es nur nicht. Aber du findest sie wieder, wenn du sie dir bewusst machst. Foto von Lars_Nissen, Pixabay, CC0

Angst zulassen

Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen, die sich daraus ergeben, können uns natürlich Angst machen. Ja, wir befinden uns gerade in einem Ausnahmezustand und der Verlauf für jede Einzelne von uns und für unsere Liebsten ist ungewiss.

Ich finde ja, wenn ich mir das eingestehe, ist es irgendwie auch schon nicht mehr ganz so schlimm. Die Angst darf sein und muss sich nicht irgendwie anders ihren Weg bahnen. Und das Zulassen hilft uns außerdem, die Situation Ernst zunehmen und uns dann richtig zu verhalten.

Und das Beste am Eingestehen ist dann auch noch – ich kann mit anderen darüber reden. Ich kann mich trösten lassen oder andere Menschen trösten oder sogar mich selbst. Ja, du kannst dir auch einfach mal selbst sagen: „Du Arme“. Oder: „Du hast recht. Es ist gerade furchtbar.“ Ich weiß, hört sich vielleicht zunächst etwas merkwürdig an, kann aber manchmal prima helfen. Da ich gestern meine Familie in den anderen Zimmern verteilt wusste, bin ich aber lieber zu Herrn Mann gelaufen und habe ein Ströphchen geheult. Das tat auch gut.

Das hilft mir meistens schon ganz gut, wenn ich Angst habe: Mit jemanden darüber reden zu können und eine tröstende Umarmung. Foto von StockSnap, Pixabay, CC0

Wovor hast du eigentlich genau Angst?

Meistens ist es ja so, ich habe vor etwas Angst und deshalb mag ich nicht genau hinschauen. Spannend beim Umgang mit der Angst ist aber, dass eigentlich genau das Gegenteil hilft – nämlich, genauer hinzusehen.  Deshalb hilft es mir manchmal schon, mir darüber im Klaren zu werden, was ich denn genau befürchte. Dann kann ich häufig schon besser damit umgehen und es ist nicht mehr so diffus. Also los, Angst, mal runter mit dem Visier:

Für mich ist es ist diese Ungewissheit. Ich weiß schlichtweg nicht, ob und wann und wie stark Herr Mann oder ich oder unsere Eltern erkranken werden. Ich weiß nicht, wie weit die gesellschaftlichen Systeme im Land und weltweit die Krise aushalten. Und ich muss an all die Menschen denken, die in nicht so privilegierten Lebensumständen leben, die es so ungleich härter treffen wird.

Vielleicht kommt bei dir auch noch die Angst hinzu, dass du nicht weißt, wie es mit deinem Geschäft weitergeht oder ob das Unternehmen, für das du arbeitest, auch nach dieser Krise noch da ist.

Radikale Akzeptanz

Mir macht ja am meisten diese blöde Ungewissheit zu schaffen. Also, so eine typische Kontroll-Verlust-Situation. So etwas mag ich ja gar nicht. Mag ja wohl eigentlich keine*r. Aber, versuch mal das: Akzeptier einfach, dass es jetzt so ist. Es ist merkwürdig. Aber es funktioniert bei mir. In dem Moment, in dem ich mir eingestehe, dass ich wirklich keine Gewissheit darüber habe, was Corona mir noch alles beschert und es mir auch keine*r sagen kann, wird es vielleicht nochmal kurz schlimmer, ja, vielleicht, aber dann erstaunlicherweise bei mir auch viel besser.

Dieses Konzept der Radikalen Akzeptanz kommt wohl aus dem Zen-Buddismus und wird auch in der Verhaltenstherapie eingesetzt – und kannst du auch prima in deinem Alltag ausprobiern. Kurz gesagt ist damit gemeint, was nützt es mir, wenn mir die Straßenbahn vor der Nase wegfährt und ich mich jetzt darüber ärgere, bis die nächste Straßenbahn kommt. Deshalb kommt die nächste Straßenbahn ja auf keinen Fall früher und die erste Bahn auch nicht zurück. 😉

Ich versuche mich gerade in solchen Situationen wieder daran zu erinnern. Klappt tatsächlich erstaunlich oft. (Manchmal auch nicht und ich ärgere mich genüsslich weiter.) Bei mir stellt sich aber so manches Mal  tatsächlich auch so‘n ruhiges Gefühl von, „ja, so ist es jetzt halt“ ein. Klingt esoterisch nach „so sei es“. Aber passiert tatsächlich und tut mir gut. Und was können wir in unserem Leben schon wirklich kontrollieren. Mit oder ohne Corona? Und es passiert sowieso. Ob ich mich jetzt aufrege oder es akzeptiere. Und das heißt ja nicht, dass ich es gut finde, sondern einfach nur, dass es jetzt wirklich so ist. Und es gibt ja trotzdem noch so viel, was ich kontrollieren und machen kann.

Informier dich – aber an den richtigen Stellen

Du kennst ihn ja bestimmt, diesen Spruch: Je mehr du weißt, desto weniger musst du glauben. Das ist zum Beispiel ein Bereich, den du weiterhin kontrollieren kannst – wie und wo du dich über die Coronakrise informierst. Mach einen Bogen um Fake News und Panikmache. Es sind gerade so viele Verschwörungstheorien und Falschmeldungen in den Sozialen Medien unterwegs.

Ich höre stattdessen gerne den NDR-Podcast „Coronavirus-Update“ mit Professor Christian Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité. Den Podcast kennt inzwischen ja auch fast jede*r. Herr Drosten ist so schön unaufgeregt und erklärt klar und verständlich, was die Wissenschenschaftler*innen über das Coronavirus und seine Ausbreitung wissen. Hier werden auch immer wieder Diskussionen aus der Bevölkerung oder Meldungen aus den Sozialen Medien aufgenommen und besprochen. Für seine Beiträge im Podcast hat Herr Drosten sogar den „Sonderpreis für herausragende Kommunikation der Wissenschaft in der Covid-19-Pandemie“ des Communicator-Preises bekommen.

Zu meinen Favoriten gehört auch der Deutschlandfunk. Gut recherchierte Informationen, gute Fragen und Antworten rund um das Coronavirus. Ist wirklich empfehlenswert. Auf der Seite vom Deutschlandfunk kannst du auch einen Newsletter zum aktuellen Corona-Geschehen abonnieren.

Alle wichtigen Infos findest du auch tagesaktuell auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit.

Wissen, wie wir die Kurve weiterhin flach halten

Das Wissen um das, was wir tun können, nimmt uns diese diffuse Sorge und macht uns handlungsfähig. Inzwischen wissen wir ja auch alle, was wir persönlich tun müssen, damit wir die Kurve der Neuansteckungen möglichst flach halten können. Wir wissen, dass wir mindestens 1,5 m Abstand zueinander halten müssen, in den Ellenbogen nießen oder husten und, dass Hände waschen super wichtig ist, um eine Infektion und Weitergabe des Virus zu vermeiden.

Ein tolles Video vom SWR, das noch einmal richtiges Händewaschen zeigt. So, dass wirklich alle Stellen auf der Haut frei von Corona werden.

Und inzwischen wissen wir ja auch alle, wie eine Corona-Maske genäht wird. Alle außer mir. Ich kann nämlich nicht nähen und muss das auch gar nicht unbedingt lernen. Wenn mal an der Kleidung was zu nähen ist, macht das immer Herr Mann. Der hat aber auch gerade keine Zeit und Lust… Aber zum Glück haben die Töchter einer Freundin uns schöne Corona-Masken genäht und im Netz gibt es gibt es ja auch Anleitungen ohne Nähen.

Meine liebste Corona-Maskenanleitung im Netz: Mund-Nase-Schutz ohne Nähen.Von Karin Degischer, Facebook.

Dem Grübeln eine Zeit geben

Der Psychologe Raimund  Alber von  Ärzten ohne Grenzen empfiehlt, den Sorgen und dem Grübeln eine festgesetzte Zeit am Tag zu geben. Zum Beispiel nach dem Frühstück. Dann weißt du, okay jetzt nehme ich mir ganz bewusst Zeit für meine Sorgen und Ängste. Herr Alber empfiehlt, die Gedanken, die kommen, auch aufzuschreiben, damit du sie dir selbst angucken kannst. Vielleicht merkst du dabei sogar, dass manches vielleicht doch gar nicht so schlimm ist, oder es auch wirklich gerade nicht zu ändern ist. Ganz wichtig ist auch bei dieser Methode, dem Grübeln ein bewusstes Ende zu setzten. Zum Beispiel mit einem ausgesprochenen „Jetzt ist Schluss mit Grübeln!“ oder mit einem Klatschen. Dieses Beenden kannst du dann auch im Laufe des Tages immer wieder verwenden, wenn du merkst, dass du wieder anfängst mit dem Corona-Gedanken-Karussell. Und du schiebst es ja nicht für immer weg. Du hast ja mit dir und deinen Sorgen eine Zeit vereinbart, wann sie wiederkommen dürfen. Und bis dahin ist einfach mal was anderes dran. Und das ist gut so.

Entscheide, wann genug ist

Ich brauche dann nämlich auch mal wieder Abstand. Reicht dann auch mal mit Corona. Da gibt es ja auch noch meine Arbeit, meine Familie, Freund*innen und Dinge, die ich sonst noch gerne tue (oder machen muss). Ich habe jetzt sogar mal für ein paar Abende auch das Handy ausgemacht, da kamen nämlich im Minutentakt Corona-Nachrichten über WhatsApp-Gruppen und Social-Media-Kanäle rein. Und ich habe mir vorgenommen, erst mal keine Nachrichtensendungen zum Thema mehr im Fernsehen anzusehen. Ist mir gerade zu viel mit den Bildern.

Bleib in Kontakt – trotz Social Distancing

Ich finde das Wort Social Distancing ja nicht wirklich treffend. Klar, das Wort hat sich jetzt durchgesetzt und jede*r weiß Bescheid, was gemeint ist und es kann ja auch so bleiben. Aber, worauf ich hinaus will, ist, dass es doch eigentlich um eine physische Distanzierung geht. Das Soziale brauche ich ja weiterhin und ich kann es ja auch nach wie vor erleben. Ob mit der Familie wirklich noch in echter Nähe zuhause oder mit Oma und Opa, mit Freund*innen oder Kund*innen über das Telefon oder Soziale Medien. Und ich erlebe zurzeit, dass sich Menschen viel mehr freuen über das zufällige Begegnen auf der Straße, beim Spazierengehen oder auch im Supermarkt – trotz Sicherheitsabstand.

Tu schöne Dinge

Es ist so wichtig, dass du auch in diesen Zeiten schöne Dinge tust. Einfach mal Aussteigen aus dem Corona-Gedanken-Karussell. Ich genieße es zum Beispiel, jeden Tag in unserem Stadtwald  Eilenriede spazierengehen zu können. Und mit mir viele andere Hannoveraner*innen. Und wir gehen uns aus dem Weg – meist mit einem Lächeln. Das klappt gut. Ich tanke frische Luft und Sonne. Tut meiner Seele gut und meinem Immunsystem.

Einfach mal was Schönes machen. Ich liebe es, in unserem Stadtwald Eilenriede spazierenzugehen.

Ja, und du darfst auch lachen

Plötzlich fühlt sich alles nicht mehr so schlimm an. Ja, ich weiß, wie viele Menschen inzwischen unter der Corona-Pandemie leiden. Und die Lage ist ernst. Das weiß ich. Aber, ich darf auch lachen. Das gibt mir den nötigen Abstand dazu, um neue Kraft zu schöpfen und weitermachen  zu können. Und es ist einfach so schön, und tut so gut, auch weiterhin Spaß im Alltag zu haben, auch wenn er so schräg ist wie zurzeit. Über die Routinen, die sich bei uns verändert haben. Über die Konflikte, die sich daraus ergeben . Da helfen mir die Tochter und der Sohn (auch bei den Konflikten ;-)), die gerne mit einem neuen Video aus den sozialen Medien vorbeikommen, über die ich dann auch herzlich lachen kann.

Großartiges Gute-Laune-Video in Corona-Zeiten von Victoria Emes. Nach I will survive von Gloria Gaynor.

Singe! Tanze! Oder mach, was immer dir gut tut

Gesungen wird ja jetzt auch regelmäßig auf den Balkonen – wohl nicht nur in Spanien Italien. Das ist ein von den positiven Bildern zur Coronakrise sein, die mir im Gedächtnis bleiben werden. Ich singe ja sonst auch im Chor. Geht ja zurzeit nicht. Und ich habe tatsächlich in den letzten Tagen auch nicht mehr geübt. Aber gestern tobte hier nun der Lager-Koller. Rausgehen mit frau. K. wollte auch keiner. Da habe ich die Kinder in ihrem Zimmern pubertieren lassen und habe mich in die Küche gestellt und endlich mal wieder gesungen. Boah, hat das gut getan. Das muss unbedingt wieder in die frau k.-Routine. Und jetzt trifft sich der Chor auch einmal pro Woche bei Zoom zum Singen. Ist nicht die spitzen Soundqualität, aber wir singen zusammen und sehen uns alle mal wieder. Schön.

Und ich habe erst einmal meinen Balkon wieder bienenfreundlich gemacht. Jetzt blüht es wieder in den Balkonkästen. Damit hatte ich schon während des Corona-Shut-Downs angefangen, als die Blumengeschäfte noch geschlossen waren. Da hatte meine Lieblingsfloristin aus dem Viertel schon Pflanzen und eine kleine Kasse vor das Geschäft gestellt. Da konnte ich dann kontaktlos Blühendes einkaufen.

Corona Blumen Vor Der Tür Kontaktloser Verkauf

Blühendes für mich und die Bienen.

Das Geld kam einfach abgezählt in eine kleine Kasse.

Hilf anderen

Die Solidarität in Hannover ist groß. Bei uns im Viertel hängen an vielen Ecken und Hauseingängen Zettel, auf denen Menschen ihre Hilfe anbieten, um zum Beispiel für Andere einkaufen zu gehen. Auch in den Sozialen Medien oder bei der Nachbarschafts-Hilfe-Plattform Nebenan.de findest du Möglichkeiten, wie du anderen helfen kannst. Toll ist auch das Projekt in Hannover Nordstadt vom Verein „Was mit Herz e. V.“. Da zurzeit Die Tafeln geschlossen sind, organisieren Freiwillige des Projektes Sharingfamily die Grundversorgung von Bedürftigen mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln.

Hol dir Hilfe

Und falls es dir durch deine Ängste richtig schlecht geht und du das Gefühl hast, da allein nicht mehr rauszukommen, hol dir auf jeden Fall Hilfe. Wende dich an deine Hausärzt*in oder an psychosoziale Beratungsstellen in Stadt und Region. Der Bundesverband Deutscher Psychologinnen hat in der Coronakrise auch extra eine Corona-Hotline eingerichtet. Da kannst du zwischen 8.00 – 20.00 Uhr anrufen und dich beraten lassen.

Die Coronakrise als Chance für das Handeln in der Klimakrise

Ja, und last but not least, kann ich auch die Chance sehen, die in der Coronakrise steckt. Plötzlich ist so viel möglich. Politiker*innen hören auf die fachkundigen Wissenschaftler*innen. Es gibt Vorgaben aus der Politik, um diese Krise zu bewältigen. Der größte Teil der Bevölkerung begreift sich als Teil eines Systems und erkennt seine Rolle daran, jetzt gemeinsam zu handeln. Das ist genau das, was wir auch für das Handeln in der  Klimakrise brauchen.

Und wir haben jetzt plötzlich die Gelegenheit, unser Wirtschaftssystem sozial- und umweltgerecht und klimafreundlich zu verändern. Und uns zu einer solidarischen und nachhaltigen Gesellschaft zu wandeln. Also, los, zusammen, jetzt.

Dieser Beitrag hat 0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen